Rita Kanne


Möbelstücke sind Stichwortgeber und Speicherplätze, sie erzählen von ihrer Zeit, ihrem Milieu und ihren Besitzern. Diese beredte Stellvertreterfunktion macht sich Rita Kanne für ihre Objekte und Installationen zu eigen, indem sie auf das Inventar bürgerlicher Alltagswelt zurückgreift. Schränke oder Kommoden, Umzugskartons ebenso wie Gegenstände aus dem häuslichen Bereich, aber auch Laienfotografien und anderes profanes Bildmaterial finden auf diese Weise Eingang in ihr plastisches Werk, das nach den Bedingungen kollektiver Erinnerung und kultureller Identitätsbildung fragt.

In diesem Sinne transportieren Titel wie »Telemöbel« oder »Fremdenzimmer« eine assoziative Dimension, die sich angesichts der Objekte, in Gestalt hybrider Anordnungen und Konstruktionen, nochmals verdichtet. Denn Rita Kanne arbeitet mit Strategien skulpturaler Verwandlung, indem sie auf engstem Raum einen Wechsel von Maßstab, Material und Perspektive vollzieht. Auf diese Weise bekunden ihre Arbeiten eine Art Überhitzungszustand, bei dem Wort und Bild bzw. Fundstück und Modell einander durchdringen und motivisch kurzgeschlossen werden.

Auch offerieren ihre Objekte und Installationen immer wieder semantische Brüche, zum Beispiel dann, wenn sich häusliche Gegenstände mit Bildern der Außenwelt aufladen. So finden sich auf den Oberflächen Fragmente südlicher Landschaften oder Sequenzen aus deutschen Kriminalfilmen – gerade so, als wären sie, bildhaften Ablagerungen ähnlich, durch den Fernsehkonsum an den Möbelstücken haften geblieben. Mehr noch vermitteln solche und andere Szenen etwas von der unerfüllten Sehnsucht nach Schönheit, Spannung und Glamour, denen das bürgerliche Interieur mit seinen starren Ordnungen beharrlich im Wege steht.

 


 


VITA
 

1963
geboren in Höxter

1985-92
Studium an der Kunstakademie Münster bei Prof. Reiner Ruthenbeck

1992
Förderpreis des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe

1994
Förderpreis Bildende Kunst der Unternehmensgruppe Melitta

1995
Stipendium des Landes Nordrhein-Westfalen, Schloss Ringenberg

1998
1. Preis Kunst- und Bau-Projekt, Westfalenkolleg Bielefeld

2021
Katalogförderung Stiftung Kunstfonds, Bonn

 

EINZELAUSSTELLUNGEN (AUSWAHL)

2021
Anderntags, Rasche Ripken, Berlin (mit Ralph Merschmann)

2012
Pearl & Earl, Kunstverein Ahaus (mit Ralph Merschmann)

2009
Pearl, Kunstverein Unna (mit Ralph Merschmann)
Panoptikum, Rasche Ripken, Berlin

2007
Hotel California, Kunstverein Schwäbisch Hall
Single Room, Kunstverein Siegburg

2005
Einod, Galerie Stefan Rasche, Münster (mit Ralph Merschmann)

2002
Idyllen, Stadtgalerie im Elbeforum Brunsbüttel
Idyllen, Kunstraum Essen

2000
gut / bürgerlich, Künstlerhaus Göttingen

1999
… besser als nichts, Galerie Stefan Rasche, Münster
Zur schönen Aussicht, Städtische Galerie Remscheid

1996
Mittel und Wege, Galerie Stefan Rasche, Münster

1995
Mittel und Wege, Schloss Ringenberg, Hamminkeln
Circulus vitiosus, Kunstverein Dortmund

1991/94
Galerie Stefan Rasche, Münster (mit Ralph Merschmann)

 

GRUPPENAUSSTELLUNGEN (AUSWAHL)

2022
DIE GROSSE 2022, Kunstpalast Düsseldorf

2018
Full House – 10 Jahre, Rasche Ripken, Berlin

2016
Widerstände, Kunstverein Unna

2015
Rates of exchanges, Museum of Contemporary Art, Zagreb
Muster*Prozess, Rasche Ripken Berlin

2014
Space Art Award, Köln

2010
Castle of Discipline, Ausstellungsprojekt Mönchengladbach

2009
Umfeldarbeit 1, Projektraum Deutscher Künstlerbund, Berlin

2008
Etwas bleibt immer hängen, Rasche Ripken Berlin

2007
countdown, Galerie Stefan Rasche, Münster

2006
homestories, Kunstverein Grafschaft Bentheim, Neuenhaus

2005
Neue Heimat 1, Galerie Stefan Rasche, Münster

2004
homelesshome, Paraplufabriek Nijmegen / NL

2003
Good News, Galerie Stefan Rasche, Münster
Mit Sinnen, Skulpturenmuseum Glaskasten, Marl
Herbarium der Blicke, Kunsthalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn

2002
Urbane Sequenzen, Kunsthalle Erfurt, Schloss Ringenberg

2001
patterns of life, Museum Schloss Hardenberg, Velbert
bergauf!, Galerie Stefan Rasche, Münster

2000
Raumbezogene Projekte, Kunstverein Gelsenkirchen

1999
Testbild, Galerie Stefan Rasche, Münster
Modell – Wirklichkeit, Städtische Ausstellungshalle, Münster

1998
Genwelten, Kunsthalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn

1997
Weißes Rauschen, ehemaliges Arbeitsamt, Düsseldorf

1996
Letzter Aufguss, Wellenbad Grünstraße, Düsseldorf
Windows 96, Projekt im öffentlichen Raum, Hengelo

1995
junger westen, Kunsthalle Recklinghausen

1994
Studiogalerie XV, Kunsthalle Recklinghausen, Museum Abtei Liesborn, Kunstverein Ahlen, Städtisches Museum Herford

1991
Brandspuren, Museum Folkwang, Essen
Förderpreis Skulptur, Westfälischer Kunstverein Münster