Rita Kanne
Ralph Merschmann
ANDERNTAGS
Genau 30 Jahre ist es her, dass Rita Kanne und Ralph Merschmann erstmals gemeinsam in der damals neu gegründeten Galerie Stefan Rasche in Münster ausgestellt haben. Dieses Jubiläum nehmen wir nun zum Anlass, um wiederum eine Doppelschau mit aktuellen Werken der beiden KünstlerInnen zu zeigen. Unter dem Titel „Anderntags“ vereint die Ausstellung skulpturale Arbeiten von Rita Kanne mit abstrakter Malerei von Ralph Merschmann: eine schon bewährte Kombination, die gleichwohl einen spannungsreichen Dialog eröffnet.
Aus alltäglichen Materialien baut Rita Kanne hybride, vieldeutige Skulpturen und Rauminstallationen. Waren es früher vor allem Möbelstücke aus dem bürgerlichen Milieu, die in ihrer Kunst eine plastische Transformation erfuhren, so befasst sich Rita Kanne in ihrer aktuellen Produktion mit rituellen bzw. kultischen Gebilden und Gegenständen – darunter eine Kanzel, geflochten aus farbigen PVC-Bändern, ein hochaufragender Baldachin, wie er zu Prozessionen dienen könnte, oder eigensinnige Masken, die aus Hunderten von Perlensträngen gefertigt werden. Indem Rita Kanne für deren Konstruktion lauter profane Werkstoffe verwendet, entfalten ihre Arbeiten einen ambivalenten Charakter, der zwischen Hoch- und Massenkultur, zwischen weltlicher und geistiger Sphäre angelegt ist – und damit eine Vielzahl verschiedener Bedeutungen heraufbeschwört.
Die Malerei von Ralph Merschmann zeugt von einem fundierten Spezialistentum, das einer fortwährenden Entwicklung unterliegt: Ausgehend von farbigen Punkten, die nicht im herkömmlichen Sinne gemalt, sondern unter Anwendung spezieller Verfahren auf die Leinwände oder Holztafeln aufgebracht werden, organisiert er seine Bilder sukzessiv – nämlich aus der Schichtung dieser modularen Grundfigur zu reichen Kompositionen, die ein Maximum an visueller Komplexität und Dynamik entfalten. Das gilt einmal mehr für seine jüngsten Werke, für die Acryl- und Lackfarben zum Einsatz kommen: Aufgeteilt in Felder und Parzellen, werden sie von einzelnen, konzentrischen Punktformationen in unterschiedlicher Größe beherrscht. An die Stelle des ornamentalen All-Overs früherer Bilder treten somit formale Individuen, die sich in vieldeutiger Beziehung und heikler Balance befinden – etwa zwischen Anziehung und Absonderung, zwischen provisorischer Ordnung und freier Entfaltung im Bildraum.